Kneipp-Gesundheitsvisite Dezember 2023
Aus Sebastian Kneipps Leben:
Was hatten Sebastian Kneipp und Prinzregent Luitpold zu bereden?
Wie kam es am 20. Dezember 1892 zur Begegnung von Sebastian Kneipp mit dem bayerischen Landesherrn Prinzregent Luitpold? Die Zeitungen der damaligen Zeit befassten sich ausführlich mit diesem Treffen und schrieben umfassend darüber.
Luitpold war der Sohn von König Ludwig I. und hatte mit Sebastian Kneipp das Geburtsjahr 1821 gemeinsam. Von 1886 an war Luitpold Staatsoberhaupt Bayerns. Nachdem sein Neffe, König Ludwig II., am 9. Juni 1886 entmündigt worden war, führte Luitpold ab 14. Juni 1886 als Prinzregent die Staatsgeschäfte. Am 13. Juni 1886 war Ludwig II. im Starnberger See ertrunken, rechtmäßiger Nachfolger als König von Bayern war sein jüngerer Bruder Otto I. Doch Otto war geistes-krank, konnte die Herrschaft nicht ausüben und so leistete Luitpold am 28. Juli den Regierungseid als „des Königreichs Bayern Verweser“. Hochbetagt starb Luitpold am 12. Dezember 1912. Er hatte also Kneipp um 15 Jahre überlebt.
Doch zurück zu jenem 20. Dezember 1892. Der Prinzregent hatte den Wunsch geäußert, Kneipp kennen lernen zu wollen und so suchte der Pfarrer von Wörishofen um eine Audienz nach, die zeitnah gewährt wurde. Zunächst kam es zur Vier-Augen-Begegnung. Der Prinzregent erkundigte sich nach Kneipps Wünschen für die Zukunft, worauf der Befragte antwortete, er wünsche sich vor allem, dass seiner Heilmethode der Fortbestand und die möglichste Verbreitung gesichert werde. Damit nahm er direkt Bezug auf ein Gesuch, das Kneipp im April 1892 an den Prinzenregenten gerichtet hatte. Doch dazu später mehr.
Seine Königliche Hoheit erbat von Kneipp auch eine Diagnose zu seiner Gesundheit und mit geübtem Blick konstatierte Kneipp seinem Landesherrn beste Gesundheit, womit er absolut Recht hatte, wenn wir sehen, wie lange Luitpold noch lebte. Danach ging es zur festlichen Tafel. Im Hofberichte der „Münchener Neuesten Nachrichten“ lesen wir noch am gleichen Tag die schillernde Gästeliste dieses Empfangs. „Heute empfängt S. k. Hoheit in Audienz Frhr. v. Pappus und Tratzberg-Ponikau, Frhr. v. Redwitz, Graf du Moulin, Frhr. v. Seefried, Graf Otting, Graf Pükler-Limburg, Frhr. v. Süsskind und Pfarrer Kneipp“. Außerdem werden noch zahlreiche medizinische Ka-pazitäten wie Dr. v. Baeyer, Rektor der Universität München, die Professoren Dr. Strümpell und Dr. Angerer aufgezählt.
Die Veranstaltung war das Medienereignis in ganz Bayern. Die Spekulationen über dieses Ereignis, und vor allem darüber, warum Sebastian Kneipp eingeladen worden war, schossen ins Kraut. Am 21. Dezember berichtet das „Morgenblatt“ unter Berufung auf angeblich beste Quellen, dass die Schwester des Prinzregenten der Grund ge-wesen sei, dass Kneipp bei Hofe empfangen wurde. „Wie wir erfahren haben, erfolgte der Empfang des weltberühmten Pfarrers auf wiederholten Wunsch der Schwester des Prinzregenten, der Herzogin von Modena, welche den Pfarrer kennen zu lernen wünschte.“ Eine andere Zeitung nennt ein Fußleiden des Prinzregenten als Grund für die Einladung Kneipps in München. Seine königliche Hoheit erhoffte sich Hilfe durch hydrotherapeutische Anwendungen, spekulierte die Presse.
In seiner Biografie über Sebastian Kneipp geht Dr. Alfred Baumgarten auf die Audienz von Pfarrer Kneipp bei Prinzregent Luitpold ein. „Mancherlei abenteuerliche Beschreibungen über das Benehmen Kneipps bei dieser Audienz, sowie bei der Hoftafel,“ erzählt Dr. Baumgarten, „sind von missgünstigen und neidischen Menschen erfunden und in die Presse hineinbefördert worden. Es sind diese thörichten Fabeln auch zu Ohren seiner k. Hoheit gekommen, der sich sehr ungehalten darüber zeigte.“
Der wahre Grund für das Treffen war wohl eher das schon angesprochene persönliche Gesuch von Sebastian Kneipp, das dieser am 29. April 1892 an Prinzregent Luitpold gerichtet hatte. Kneipp bittet seinen Landesherrn darum, dieser möge dafür sorgen, dass die Wasserheilkunde an allen drei Landesuniversitäten gelehrt werden solle. Dies geschah auch vor dem Hintergrund, dass Kneipp eine medizinisch und wissenschaftlich fundierte Erforschung der Hydrotherapie sehr am Herzen lag. Im weiteren Verlauf kam es dann zwar zur Gründung des „Internationalen Vereins Kneipp´scher Ärzte“ im Februar 1894, doch ein Lehrstuhl für Wasserheilkunde wurde an keiner der drei Landesuniversitäten eingerichtet.
Harald Klofat